Kuhmilch oder Pflanzenmilch?
Im Interview mit Ernährungsberaterin Jrma Platz
Immer mehr Leute verzichten auf Kuhmilch und greifen stattdessen zu Pflanzenmilch. Worin und wie stark unterscheiden sich die Alternativen von der Kuhmilch? Und welches Ersatzprodukt ist das beste? Ernährungsberaterin Jrma Platz gibt Auskunft.
Über Jrma Platz: Jrma Platz ist diplomierte Ernährungsberaterin SPA. Unter dem Namen veinova Ernährungsberatung bietet Sie Fachwissen und Beratung zu den Themen Gesundheit, Schönheit, Ernährung im Sport und Ernährungstrends. Ihre Praxis befindet sich in Trimmis GR. |
Frau Platz, wieso verzichten immer mehr Leute auf Kuhmilch?
Manche Leute vertragen Kuhmilch nicht gut. Sie bekommen davon Magenkrämpfe, Bauchweh oder Durchfall. Ein anderer Grund ist die persönliche Überzeugung: Veganer verzichten ganz auf tierische Produkte, also auch auf Milchprodukte und Eier. Wieder andere Leute haben Angst vor Hormonen in der Milch oder stehen der Milchvieh-Haltung skeptisch gegenüber.
Welche Nährstoffe liefert Milch?
Kuhmilch ist ein Päckchen mit vielen wertvollen Nährstoffen in einer guten Kombination: Sie enthält Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium, Phosphor und Zink und Vitamine wie beispielsweise B12, D und C; sie liefert Energie und Eiweiss; und sie ist ein guter Lieferant sowohl gesättigter, als auch einfach und mehrfach ungesättigter Fettsäuren.
Kann man diese Stoffe auch durch Ersatzprodukte aufnehmen?
Bezüglich Nährstoffgehalt kommt kein Milchersatz an die Milch heran. Selbst dann nicht, wenn er mit Nährstoffen angereichert wird. Kuhmilch lässt sich folglich nicht durch ein einziges Nahrungsmittel ersetzen. Man kann jedoch verschiedene Lebensmittel kombinieren, um eine ausreichende Menge aller in der Milch enthaltenen Nährstoffe aufzunehmen. Voraussetzung dafür ist eine ausgewogene Ernährung und ein wenig Wissen. Dann sind keine Nahrungsergänzungsmittel nötig. Wer aufgrund einer Laktoseintoleranz auf Milch verzichtet, kann auf laktosefreie Milch zurückgreifen.
Sojamilch ist der Vorreiter der Alternativen zu Milch. Welche Nährstoffe enthält sie?
Sojamilch enthält viel Folsäure, Nahrungsfasern und gleich viel Eiweiss wie Kuhmilch. Jedoch ist das Eiweiss pflanzlicher Herkunft. Und leider kann unser Körper dieses Eiweiss weniger gut verwerten als tierisches Eiweiss. Sojamilch hat zudem weniger Vitamin D und hochwertiges Fett als Milch.
Welche weiteren Pflanzenmilchen gibt es und wie unterscheidet sich ihr Nährstoffgehalt?
Mandelmilch hat wenig Kalorien und Fett. Ansonsten lohnt sie sich eher wegen des Geschmacks als der Nährstoffe wegen. Sie enthält nur wenig Eiweiss und Nahrungsfasern.
Der Vorteil der Hafermilch ist ihr hoher Gehalt an Nahrungsfasern. Jedoch verliert Hafer während der Verarbeitung relativ viele Nährstoffe, weshalb dem Drink oft Sonnenblumenöl zugesetzt wird. Dieses hat ein für unseren Körper eher ungünstiges Fettsäureverhältnis. Zudem enthält Hafermilch sehr wenig Kalzium, weshalb sie oft auch mit diesem Mineralstoff angereichert wird.
Reismilch ist super für Allergiker. Oft wird sie zusätzlich mit Vitaminen, Kalzium und Geschmacksstoffen versetzt.
Der Vorteil der Milchersatzprodukte ist, dass sie laktosefrei sind.
Und welches Ersatzprodukt hat die beste Ökobilanz?
Wer aus Gründen der Nachhaltigkeit auf Milch verzichtet, sollte Hafermilch wählen. Hafer wird in unseren Breitengraden angepflanzt, weshalb der Drink der klare Ökobilanz-Testsieger unter den Milchersatzprodukten ist.
Bei der Sojamilch lohnt es sich, einen Blick auf die Herkunft des verwendeten Sojas zu werfen: Einerseits wird Soja in Österreich, Frankreich und Deutschland angepflanzt, andererseits aber auch in China und Kanada. Um lange Transportwege zu vermeiden und sicher zu sein, dass nicht unnötig Wald gerodet wurde, sollte man einen Drink mit Soja aus Europa wählen.
Eher weniger nachhaltig sind Mandelmilch und Reismilch: Mandeln werden meist in Kalifornien angepflanzt, da sie ein trockenes Klima brauchen. Der weite Transportweg ist nicht ökologisch. Auch braucht die Herstellung von Mandelmilch unheimlich viel Wasser. Der Reis für die Reismilch kommt zwar meist aus Italien; der aufwändige Herstellungsprozess schwächt die positive Ökobilanz aber ab.
Welche anderen Kriterien gibt es, um sich im Dschungel der Milchalternativen für ein Produkt zu entscheiden?
Am besten probieren Sie einfach aus, welches Produkt Ihnen am besten zusagt. Ist Ihnen der Milchschaum wichtig? Oder der Geschmack im Müesli? Schlussendlich ist es Geschmackssache, welchen Drink Sie gerne wofür verwenden. Grundsätzlich eignet sich jedes Produkt für Müesli, Kaffee und vieles mehr. Geschmacklich unterscheiden sich die Produkte stark – und alle schmecken ganz anders als Kuhmilch.
Milch enthält den Milchzucker Laktose. Dieser wird in unserem Körper im Verdauungstrakt aufgespalten mithilfe des Enzyms Laktase. Manche Leute haben nicht genug oder gar keine Laktase und können deshalb die Laktose nicht richtig verdauen. Dadurch entstehen Vergärungen im Darm, was zu Magenkrämpfen, Bauchweh oder Durchfall führt. Dies nennt man Laktoseintoleranz.
Auch Muttermilch enthält Laktose. Die meisten Babys produzieren folglich genügend Laktase, um diese zu verdauen. Mit zunehmendem Alter geht die Laktase im Körper jedoch zurück. Konsumiert man keine oder wenig Milchprodukte, fällt dieser Effekt ausgeprägter aus. Denn der Körper reagiert auf die Stoffe, die ihm zugeführt werden. Braucht er die Laktase nicht, produziert er auch weniger davon. Auch ein Gendefekt oder Krankheiten im Magen- oder Darmbereich können zu Laktasemangel und somit zu Laktoseintoleranz führen.
Wer Laktose schlecht verträgt, kann auf laktosefreie Milch zurückgreifen. Diese unterscheidet sich bezüglich Nährstoffgehalt nicht von unbearbeiteter Milch. Der Unterschied ist lediglich, dass die Laktose in der laktosefreien Milch bereits aufgespalten ist, so dass der Körper dies nicht selber übernehmen muss. Deshalb schmeckt laktosefreie Milch auch etwas süsser als unbearbeitete Milch.
Welche Pflanzenmilch den schönsten Schaum bildet und wie Sie Mandelmilch selber machen, zeigen wir hier. |