Auf Pilzsuche mit der ganzen Familie
Entdecken und schmecken: Endlich startet die Pilzsaison 2020
Steinpilz, Parasol, essbarer Bovist: Wenn der Sommer endet, beginnt die beste Zeit für Pilzsammler. Im Wald und auf den Wiesen verstecken sich dann die leckeren Herbstboten. Wer sie aufspürt, wird mit Entdeckerglück und Geschmackskitzel belohnt.
Die Wanderschuhe geschnürt, vier Körbe eingepackt und raus in den Wald. An diesem sonnigen Herbsttag starten wir endlich unsere Pilzsaison 2020. Anfänger, die wir sind, wollen mein Mann Bruno, die beiden Kinder und ich vor allem Steinpilze finden. Das empfiehlt unser Nachbar Urs, der seit vielen Jahren in die Pilze geht und uns beim gemeinsamen Grillieren erst auf die Idee brachte, uns selbst einmal auf köstliche Schatzsuche im Wald zu machen. «Probiert es doch zuerst bei dem Mischwald hinter dem Feuerwehrhaus», hat er uns geraten.
Morgens um acht Uhr sind wir mit der ganzen Familie unterwegs an diesem Samstag. Eigentlich nicht die Zeit unserer Kinder am Wochenende. Aber heute laufen Emma und Rafael gleich los, um die ersten Pilzstellen zu entdecken. Ich gehe unser gemeinsames Familienabenteuer dagegen ganz gemütlich an – geniesse bei jedem Schritt abseits der Wege den Duft des moosigen Waldbodens, lausche den Vögeln bei ihrem Frühkonzert, atme tief die frische Morgenluft. Aber nicht zu lange. «Kommt schnell, hier sind welche!», ruft Emma. Tatsächlich. Kaum 20 Meter vom Weg entfernt ist eine kleine Pilzkolonie aus dem Boden geschossen. Vorsichtig drehe ich ein Exemplar aus dem feuchten Untergrund und vergleiche es mit dem Bestimmungsbuch, das uns Urs mitgegeben hat. «Junge Steinpilze sehen dem ungeniessbaren Gallenröhrling sehr ähnlich», hatte er uns noch gesagt. Aber dieser Pilz sieht genau so aus wie in dem Buch beschrieben. Hellbrauner Hut, heller Stiel, der sich nach oben hin verjüngt. Wir drehen vier mittelgrosse Exemplare aus, drücken die Löcher mit dem Daumen zu und legen unsere ersten selbst gesammelten Steinpilze in Emmas Korb. Jetzt verstehe ich, warum Urs‘ Augen so glänzten, als er uns neulich vom Pilze Sammeln vorschwärmte. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl: eine Mischung aus Entdeckerglück und Sammlerstolz.
Jetzt bin ich auch im Pilz-Fieber, hefte meinen Blick auf den Boden und halte Schritt für Schritt konzentriert Ausschau nach den hellbraunen Hüten. Rafael und ich jubeln gleichzeitig: «Hier sind auch welche!» Bruno holt sein Messer raus und schneidet zwei Pilze ab. «Nehmt nur so viele mit, wie ihr essen wollt. Ihr seid nicht die einzigen Pilzsammler», erinnern wir uns an den Hinweis von Pilzkenner Urs. Ich finde noch drei weitere Kolonien und sogar eine Stelle mit essbaren Rotfussröhrlingen – das sagt zumindest das Bestimmungsbuch.
«Komisch, wo sind denn die Morcheln geblieben, die ich hier im Mai beim Joggen gesehen habe?», fragt Bruno, als wir auf dem Rückweg an einer Waldwiese vorbeikommen. «Die wachsen doch nur im Frühjahr», antworte ich. Das weiss ich auch erst seit gestern aus dem Buch, komme mir aber trotzdem fast schon wie eine kleine Pilzexpertin vor.
Ich nehme mir vor, noch mehr Pilze gründlich kennen zu lernen, damit ich spätestens in der nächsten Pilzsaison viele leckere Pilzrezepte für uns vier zaubern kann. Es macht solch einen Spass, den Wald, den ich so gut zu kennen glaubte, auf ganz neue Art zu entdecken.
Emma und Rafael sind in der Zwischenzeit weiter fleissig auf der Suche nach Steinpilz-Stellen, die wir gleich in ein kleines Buch notieren – für unsere Suche im nächsten Jahr. Nach zwei Stunden, es ist gerade zehn Uhr, hat jeder von uns eine Handvoll Steinpilze in seinem Körbchen. In Gedanken sehe ich die Pilze schon duftend in der Pfanne schmoren. «Jetzt fahren wir noch zur nächsten Pilzkontrollstelle und lassen uns dann den Start in unsere Pilzzeit schmecken», sagt Bruno. «Und morgen sammeln wir Pfifferlinge», rufen die Kinder und lachen los.