Eine Reise in die Vergangenheit der Schweizer Küche
So entstanden unsere bekannten Schweizer Spezialitäten
Fondue, Rösti, Zürcher Geschnetzeltes – wer kennt diese typischen Gerichte unseres Landes nicht? Doch die Schweizer Küche hat weitaus mehr zu bieten als diese bekannten Spezialitäten. Wir nehmen Sie auf kulinarische Reise durch verschiedene Regionen.
Armut und Knappheit prägen die Schweizer Küche
Viele der heute weltbekannten traditionellen Schweizer Gerichte wurden von der ländlichen, oft armen Bevölkerung vor und während der industriellen Revolution kreiert. Die vielfältige Schweizer Küche entstand so aus den unterschiedlichen Traditionen der Schweizer Regionen.
Wer in abgelegenen Bergregionen und Tälern wohnte, war in der Regel auf das angewiesen, was die Natur hergab – vor allem Milch, Fleisch, Getreide und Gemüse. Die geringe Auswahl an Zutaten setzte folglich Kreativität voraus, um etwas Leckeres auf den Teller zu zaubern.
Älplermagronen, Maluns und Gerstensuppe
So wie in der Zentralschweiz die Älplermagronen – ein Gratin aus Kartoffeln, Maccheroni (auch Magronen genannt), Käse, Rahm und Zwiebeln. Mit dem Bau des Gotthards und der Einwanderung der Italiener in die Zentralschweiz soll das Gericht entstanden sein. Da auf den Alpen Milch und Käse im Übermass vorhanden war, mischten Sennen diese Zutaten mit den ursprünglich italienischen Teigwaren, streckten sie mit einheimischen Kartoffeln und würzten das Gericht mit Zwiebeln.
Auch der Bauernstand in Graubünden liess seiner Fantasie freien Lauf, um die nötigen Kalorien für die schwere körperliche Arbeit auf den Teller zu kriegen. So entstand gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Bündner Maluns – in Butter geröstete Nocken aus Kartoffeln und Mehl. Das Gericht war damals so stark in Bündner Bergdörfern verbreitet, dass deren Einwohner den Übernamen «Magliamaluns» oder «Malauner» erhielten, was so viel wie «Maluns-Fresser» bedeutet.
Ein weiteres Gericht aus Graubünden, das besonders während der kalten Wintermonate geschätzt wird, ist die Bündner Gerstensuppe. In den kalten Bergdörfern war die Gerstensuppe wegen ihres hohen Nährwerts besonders beliebt und wärmte die Bauern nach einem anstrengenden Tag in der eisigen Kälte auf. Man sagt, dass sich in jedem der 150 Bündner Täler eine eigene Form der Gerstensuppe entwickelt hat.
Roggenmehl und Resteessen – Schweizer Spezialitäten
Die Glarner liessen sich ebenfalls nicht durch ihre Armut die Küche verderben und erfanden die Zoggle, ein Resteessen aus Mehl, Eiern, Milch und Kartoffeln vom Vortag, das besonders nahrhaft ist und an die heute ebenfalls bekannten «Knöpfli» erinnert.
Ein sehr einfaches, aber äusserst leckeres Schweizer Gericht ist die Basler Mehlsuppe. Sie wurde früher besonders in den ärmeren Basler Haushalten zum Frühstück verzehrt. Die Legende besagt, dass damals Basler Mädchen nur heiraten durften, wenn sie wussten, wie man eine gute Mehlsuppe kocht. Die Mehlsuppe besteht aus Roggen- oder Weizenmehl, Wasser und Milch. Je nach Verfügbarkeit wurden auch noch weitere Zutaten hinzugefügt wie Zwiebeln, Kräuter, Speck oder Knochenmark.
Eine besondere Geschichte hat das Schweizer Gericht «Cholera» aus dem Wallis, eine Pastete mit Kartoffeln, Lauch, Käse, Zwiebeln, Äpfel, Birnen und Speck. Sie soll während der Cholera-Epidemie um 1830 entstanden sein, als sich die Leute nicht mehr auf die Strasse wagten und deshalb aus allem Essbaren, das zu Hause zur Verfügung stand, eine Mahlzeit zusammenbastelten.
Städte bringen frischen Wind in die Schweizer Küche
In späteren Zeiten erlebte die Schweizer Küche vor allem in den Städten einen regelrechten Boom. Köche und Patissiers kreierten aufwendigere Köstlichkeiten, wie die mit Kalbfleisch und Brätkugeln gefüllte Luzerner Chügelipastete, die traditionell am alljährlichen Bärteli-Essen der Zunft zu Safran am 2. Januar serviert wird. In Zug erfand der Konditor Heinrich Höhn 1915 die Zuger Kirschtorte – ein süsser Genuss aus in Kirsch getränkten Biskuits und Buttercrème. Und nicht vergessen darf man natürlich die weltberühmte Schweizer Schokolade, welche ebenfalls in dieser Zeit entstand.
Und bis heute entwickelt sich die Schweizer Küche immer weiter. Viele traditionelle, aus der Knappheit entstandenen Gerichte gelten längt als Delikatessen und werden heutzutage auf unterschiedlichste Weise neuinterpretiert. Ob Vegetarisch, Vegan oder als Haute Cuisine – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
- Rund 400 verschiedene Schweizer Produkte wie der Greyerzer (ein Käse), die Longeole (Genfer Saucisson) oder die Basler Läckerli (ein Süssgebäck) wurden offiziell als kulinarisches Erbe der Schweiz anerkannt.
- Schweizerinnen und Schweizer essen weltweit am meisten Schokolade: Pro Jahr und Person rund 11 kg.
- In der Schweiz gibt es mehr als 450 verschiedene Käsesorten.
- Es werden rund 200 Rebsorten angebaut, etwa 40 davon sind einheimische Sorten. Wussten Sie, dass die weltbekannten Schweizer Salgesch Trauben einer strikten Mengenbeschränkung unterliegen? Nur 800 g Trauben dürfen pro Quadratmeter produziert werden, wodurch diese Trauben zu einer wertvollen und seltenen Schweizer Spezialität werden.
- Das Wallis ist die bedeutendste Weinregion der Schweiz. Alleine im Wallis lassen sich über 50 verschiedene Traubensorten finden.
- Seit 2005 darf in der Schweiz Absinth wieder gebrannt werden. 1908 wurde dieser nach einer angenommenen Volksinitiative verboten. Absinth stammt ursprünglich aus dem Kanton Neuenburg und besitzt einen Alkoholgehalt zwischen 45 und 85 Volumenprozent. Hergestellt wird er traditionell aus Wermutkraut, Anis, Fenchel und anderen Kräutern. Durch seine grüne Farbe wird diese Schweizer Spezialität auch «die grüne Fee» genannt.